Die Burg Osterspai liegt zentral im Dorfkern der rechtsrheinischen Ortschaft nahe Koblenz. Ihr rechteckiger Grundriss misst 97 x 68 Meter, wobei ein Großteil der ummauerten Fläche von einem Weingarten bedeckt ist. Die Gebäude der Anlage sind entlang der Ringmauer angeordnet, mit Ausnahme eines Wohnturms mit Anbau im Nordosten. Die Burg ähnelt einer ummauerten Hofanlage und ist im Norden und Süden jeweils durch ein Tor und eine Gartenpforte zugänglich. Am nördlichen Tor befindet sich eine Kapelle, während sich südlich daran ein Kelterhaus anschließt. Eine verschlossene Pforte, die sogenannte Klosterpforte, liegt an der Westseite. Im Gegensatz zur ursprünglichen Bebauung stehen heute in der Südostecke mehrere zweigeschossige Fachwerkhäuser.

Das Burggelände gliedert sich in drei Bereiche: Eine teilweise erhaltene Grenzmauer, die mit der östlichen Wand des Kelterhauses fluchtet, trennt den westlichen Teil mit Kapelle und Kelterhaus vom östlichen Bereich. Im äußersten Osten liegt das Florinshaus, westlich davon das Turmhaus mit Fachwerkanbau.

Die Kapelle: Ein Zeugnis des Eberbacher Klosterhofes

Das bedeutendste Bauwerk der Anlage ist die Kapelle, die erstmals 1263 erwähnt wurde. Sie ist älter als die Burg selbst und gehörte zum Klosterhof der Zisterzienserabtei Eberbach, welcher ab 1221 existierte. Die Kapelle präsentiert sich als verputzter, zweigeschossiger Saalbau mit zwei Jochen, einer Apsis und einem Schieferdach. Im Inneren gliedern zwei Gurtbögen die Kreuzgratgewölbe. Schmückende Wulstrippen betonen den Übergang zu den Wänden. Es haben sich Reste mittelalterlichen Putzes und einer Dekorationsmalerei aus dem 13. Jahrhundert erhalten, ebenso Spuren einer Fassung aus dem Jahr 1746. Das Untergeschoss besteht aus einem kreuzgratgewölbten Raum, der sich nach Süden weiter erstreckt als die oberen Geschosse. Die Gestaltung mit Gewölbekragsteinen deutet auf eine besondere Bedeutung dieses Raumes hin.

Die Entwicklung der Burganlage:

Im Gegensatz zum Koblenzer Florinsstift verkaufte das Kloster Eberbach seinen Besitz in Osterspai im Jahr 1340 an die Familie von Liebenstein. Kurz darauf dürfte der Wohnturm auf diesem Gelände errichtet worden sein, obwohl die Anlage erst um 1400 erstmals als Witwensitz der Familie von Liebenstein erwähnt wird. Der rechteckige, viergeschossige Wohnturm mit einer Grundfläche von 8,7 x 7,8 Metern erreicht eine Höhe von 13 Metern bis zur Traufe. Anhand von Überresten in Form von bogenförmig verbundenen Kragsteinen lässt sich auf eine Dachform mit vier kleinen Türmen (Tourellen) schließen. Das oberste Geschoss beherbergte ein Gemach mit Kamin, während sich im zweiten Obergeschoss möglicherweise weitere Wohnräume befanden; das Erdgeschoss diente vermutlich als Küche. Gebäude mit einer vergleichbaren inneren Struktur sind in Hattenheim, Gollenfels und Irsch zu finden.

Die Situation von 1573:

Im Laufe der Zeit erfolgten verschiedene Umgestaltungen. Im Jahr 1573 wurde die Burganlage erstmals detaillierter beschrieben. Der Wohnturm war von einem Graben innerhalb der Mauern umgeben. Eine datierte Inschrift aus demselben Jahr deutet auf Umbaumaßnahmen hin. Es wird vermutet, dass zu dieser Zeit die gekoppelten Fenstergewände aus rotem Sandstein im Turmhaus eingefügt wurden und auch die erhaltene hölzerne Spindeltreppe aus diesem Jahr stammt. Eine Zeichnung aus dem Jahr 1673 dokumentiert im Wesentlichen die Situation von 1573: Eine Mauer mit Schießscharten umgab den Wohnturm und grenzte direkt an einen Graben an der Ost-, Süd- und Westseite. Der Turm besaß ein Satteldach und Treppengiebel an der Nord- und Südseite sowie Zinnen an der Ost- und Westseite. Der südlich anschließende Fachwerkanbau mit drei Giebeldächern wies runde Ecktürme auf. Das Innere dieses Wohnteils wurde als mit "großen Stuben und Kammern" auf mehreren Geschossen beschrieben.

Die weitere Entwicklung:

Irgendwann zwischen 1673 und 1763 scheinen die Anbauten am Turm verfallen oder zerstört worden zu sein. Dokumente aus dem 18. Jahrhundert erwähnen Gebäude für die Weinproduktion und -lagerung. Auch im 19. Jahrhundert wurde das Gelände weiterhin als herrschaftlicher Gutshof genutzt. So entstanden 1857 ein neues, heute noch existierendes Kelterhaus und, zu einem späteren Zeitpunkt, eine Küferwerkstatt über älteren Kellern. In den Jahren 1909-1910 ließ Freiherr Ludwig von Preuschen den Wohnturm der Burg durch den Architekten Eduard Lyonel Wehner zu einem Sommersitz umbauen. 1919-1920 erfolgte dann der Ausbau zum ständigen Wohnsitz.

 

 

Quelle: Burgen und Schlösser, 2003
ISSN: 0007-6201;
Standort in der IRB-Bibliothek: DEIRB Z 1625

 

Erfahren Sie in einem Auszug aus den Nassauischen Annalen des Jahres 2015 mehr über einen bedeutenden historischen Konflikt rund um die Burg Osterspai. Der Artikel von Rüdiger Freiherr von Preuschen von und zu Liebenstein mit dem Titel "Die Sponheimische Burg in Osterspai im Streit derer von Carben, Steinkallenfels und Waldenburg um das Erbe des letzten Liebensteiners 1637–1793" beleuchtet die komplexen Erbstreitigkeiten, die diese Region über einen langen Zeitraum prägten.